Betriebsübergabe - Verständnis ist die Basis

alles in die Hände der Tochter?

Als Coach weiß ich: meist scheitert eine Betriebsübergabe am gegenseitigen Unverständnis. Wie in diesem Fall: Die Eltern haben ihr Unternehmen jahrzehntelang erfolgreich aufgebaut. Sie haben viel gearbeitet, viel geleistet, der Betrieb steht finanziell gut da. Nun möchte das Ehepaar alles in die Hände der Tochter übergeben.

Wären da nicht lauter Fragezeichen.

Sie sind unsicher.

  • Hat die Tochter das umfangreiche Wissen um den Betrieb weiterzuführen?
  • Können wir uns selbst weiter einbringen?
  • Trägt der Betrieb unsere Altersversorgung?
  • Sollten wir vielleicht besser über einen Verkauf nachdenken?

Die Familie nahm aufgrund einer Empfehlung Kontakt zu mir auf. Wir trafen uns zu einem ersten Kennenlerngespräch vor Ort, im Betrieb. Ich spürte sofort die Anspannung zwischen den Generationen. Auf der einen Seite die Eltern mit dem Wunsch zu übergeben, aber nur nach ihren Vorgaben. Auf der anderen Seite die Tochter, die den Moment der freien Entscheidungen kaum erwarten konnte.

Klarheit schaffen

Ich führte mit allen einzelne Gespräche. So gewann jeder eine klare Sicht auf sich selbst und die eigenen Bedürfnisse. Mit jedem legte ich die eigenen Standpunkte frei. Wir beleuchteten die jeweils wichtigsten Werte im Zusammenhang mit der Übergabe des Unternehmens, die Familien- und Firmenphilosophie, die von den Eltern installierten und bewährten Systeme und das geschäftliche Netzwerk, das sie in über 20 Jahren weltweit aufgebaut hatten. Es ist nämlich so: Wenn alle wissen wo sie stehen und wo sie hinwollen, kann im weiteren Coaching auch die Akzeptanz gegenüber der anderen Position erarbeitet werden.
Aufgrund der Gespräche kristallisierten sich schnell die Konfliktpunkte heraus:
Die Eltern bewerteten alles was sie geschaffen positiv. Sie wollten das Unternehmen in diesem, ihrem Sinne weitergeführt wissen. Die Tochter schätzte die Leistung der Eltern sehr, fand jedoch vieles überholt. Sie brannte darauf alles entsprechend umzustellen. Als Mutter wollte sie ihre Arbeit künftig so arrangieren, dass noch genug Zeit für die Familie blieb. Völlig unverständlich für die Eltern, die ihren Erfolg auch darin sahen, dass sie für Kunden und Lieferanten, die rund um den Globus sitzen, rund um die Uhr erreichbar sind.

Zuversicht statt Angst

Als neutraler Coach stand und stehe ich der Familie während des gesamten Übergabe-Prozesses zur Seite. Wir haben erarbeitet, wie viel vom Altbewährten die Eltern loslassen müssen, damit Ihr Erbe Bestand haben kann und wie viel die Tochter von dem akzeptieren und annehmen muss, damit Ihre Zukunft erfolgsversprechend wird. Dabei ging es auch darum, wie der Umgang mit Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern zu gestaltet ist, damit die Übergabe gelingt und wie die Tochter anderweitig „Felderfahrung“ sammeln kann, um ihre fachliche Kompetenz zu erhöhen.

Während des Coaching-Prozesses hat sich die gesamte Situation entspannt. Beide Generationen haben den Blick auf sich geschärft und Verständnis für die andere Seite entwickelt. Die Vorgehensweise der Übergabe wurde klar strukturiert und jeder Schritt transparent gestaltet. Heute sind wir kurz vor der Übergabe und haben mit dem Steuerberater, der Hausbank und dem Notar des Vertrauens alles in die Wege geleitet. Ohne Angst, dafür aber auf Seiten der Tochter mit viel Zuversicht und für die Eltern mit der Gewissheit, etwas loszulassen und dennoch wegweisende Spuren hinterlassen zu haben.