Wenn man eigentlich glücklich sein müsste

Ein 40-jähriger Manager suchte mich auf, erfolgreich auf der ganzen Linie befand er sich trotzdem in der Sackgasse. Im Unternehmen hatte er es weit gebracht, er trug Verantwortung, nahm seine Pflichten ernst. Er verdiente hervorragend. Mit seiner Frau hatte er zwei reizende kleine Kinder. Sie lebten in einem traumhaften Haus, fuhren schnittige Autos und konnten sich allerhand leisten.

Er hätte rundum glücklich und zufrieden sein können. War er aber nicht. Gefühlsmäßig befand er sich irgendwo zwischen Leere, Getrieben und Zerrissen Sein. Für die Firma war er rund um die Uhr erreichbar. Überstunden waren eine Selbstverständlichkeit. Am Abend, am Wochenende, im Familienurlaub: das Arbeitshandy war immer dabei. Heimlich checkte er Mails. Der Frau und den Kindern hatte er versprochen es nicht zu tun. Aber im Unternehmen erwartete man das von ihm.
Sogar der geliebte Sport wurde ihm zur zusätzlichen Belastung, Entspannung brachte manchmal ein Glas Rotwein. Der Mann funktionierte - noch. Aber er konnte nicht mehr durchschlafen. Er fühlte sich müde und schlapp. Er ahnte, dass es so nicht mehr weitergehen konnte, doch er sah keinen Ausweg. Er hatte alles erreicht und war vollkommen leer.

Gemeinsam analysierten wir seine Situation. Er begann zu verstehen, dass er sich neu entscheiden darf, dass es völlig in Ordnung ist, neue Prioritäten zu setzen und vom alten Weg abzubiegen. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende, heißt es im Volksmund. Aus der Praxis weiß ich, wie leicht sich das anhört und wie schwer es umzusetzen ist, wenn man offensichtlich alles hat, einen tollen Job, Geld, Familie, einen hohen Lebensstandard. Dann rechnet man lieber, wie lange man bis zur Rente noch durchhalten muss. Wie lange es dauert, bis man es geschafft hat. Bis man was geschafft hat?

Um eingetretene Pfade zu verlassen ist es nie zu spät. Man braucht ordentlich Mut aber man wird belohnt, mit Klarheit und neuer Vitalität. So war er auch bei meinem Klienten. Kurzum: Er hat für sich festgelegt was er will – und was nicht. Er fühlt sich nicht mehr fremdgesteuert. Er weiß worauf es ihm ankommt. Er kann sich selbst und die Mitarbeiter seinen Werten entsprechend führen. Er ist immer noch im selben Unternehmen, jetzt sogar im obersten Management. Seine Kinder kommen demnächst in die Schule. In den Ferien bleibt das Handy aus.